Im Folgenden Beitrag wird das Verhältnis des Deliktsrechts zum Vertragsrecht und Produkthaftungsrecht beschrieben:
Verhältnis des Deliktsrechts zum Vertragsrecht
Das Verhältnis der deliktischen Produkthaftung zum Leistungsstörungsrecht der lex contractus folgt dem in Deutschland für die Koordination von Delikts- und Vertragsrecht allgemein maßgeblichen Kumulationsprinzip. Die Deliktshaftung wird bei Bestehen eines Vertragsverhältnisses weder ausgeschlossen noch nach Maßgabe der Bestimmungen des Leistungsstörungsrechts modifiziert.
Ersatzansprüche aus deliktischer Produkthaftung unterliegen nicht den Voraussetzungen der §§ 437 ff. BGB, §§ 280 ff. BGB, und sie werden weder von der Rügeobliegenheit des § 377 HGB noch von der Verjährungsfrist des § 438 BGB oder des § 634a BGB noch von einem vertraglichen Gewährleistungsausschluss gemäß § 444 BGB erfasst. Mit Blick auf Personenschäden kann die Fahrlässigkeitshaftung durch AGB zudem gemäß § 309 Nr. 7 lit. a BGB nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden, was über § 307 BGB auch im kaufmännischen Verkehr gilt.
Der Grundsatz der Anspruchskumulation gilt im Übrigen nicht nur für den Warenvertrieb über eine – unter Umständen längere – Kette von Lieferanten, sondern unverkürzt auch beim Kauf unmittelbar vom Hersteller. Insbesondere finden in diesem Fall die Regeln über die Beweislastverteilung zulasten des Herstellers Anwendung, selbst wenn nur und erst dadurch seine Einstandspflicht begründet werden kann. Auf der anderen Seite bleiben weitergehende Ansprüche nach Vertragsrecht, insbesondere nach den §§ 437 ff. BGB, §§ 280 ff. BGB, von den Grundsätzen der deliktischen Produkthaftung unberührt.
Verhältnis des Deliktsrechts zum Produkthaftungsrecht
Das Verhältnis der deliktischen Produkthaftung zu derjenigen nach dem ProdHaftG ist Regelungsgegenstand des § 15 Abs. 2 ProdHaftG, nach dem die Haftung aufgrund anderer Vorschriften „unberührt“ bleibt. Dieser Vorbehalt zugunsten der Grundsätze der Deliktshaftung erfasst diese in ihrer jeweiligen Gestalt.
Sondergesetzlich geordnet ist schließlich die Haftung für die schädlichen Folgen von Arzneimitteln, die in den §§ 84 ff. AMG einem Haftungsregime unterworfen wird, das demjenigen des ProdHaftG nahe kommt, in den Details aber abweicht. Während die Anwendung des ProdHaftG auf Arzneimittel gemäß § 15 Abs. 1 ProdHaftG ausgeschlossen ist, gelten die Regeln der deliktischen Produkthaftung ausweislich des § 91 AMG kumulativ zur sondergesetzlichen Haftung auch für Arzneimittel.
Da die Verantwortlichkeit des pharmazeutischen Unternehmers nach den §§ 84 ff. AMG allerdings über diejenige gemäß § 823 BGB hinausgeht und insbesondere auch einen Teil der sog. Entwicklungsrisiken einschließt, dürfte die allgemeine Deliktshaftung kaum mehr praktische Bedeutung erlangen, seitdem der Umfang der Arzneimittelhaftung mit dem Zweiten Schadensersatzrechtsänderungsgesetz auf das Schmerzensgeld ausgedehnt worden ist (§ 87 AMG n.F.). Auf Medizinprodukte ist neben § 823 BGB auch das ProdHaftG anwendbar.